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Leserbriefe zur Diskussion über ein Regional- und Stadtbahnsystem für das Paderborner Land im November 1995

Das Westfalenblatt brachte im November 1995 zwei Leserbriefe von mir. Verkehrsplaner aus Karlsruhe hatten ein Stadtbahnkonzept für Paderborn vorgestellt, dass bei den heimischen Politikern sehr kritisch beäugt wurde, um es mal ziemlich neutral auszudrücken.

Leserbrief vom 03.11.1995:
Über die Pläne einer Regional- und Stadtbahn im Paderborner Land macht sich dieser Leser Gedanken:
In Paderborn wird wieder laut über eine Straßenbahn nachgedacht. Begeistert sprechen viele vom Karlsruher Modell. Doch hier sollte man vorsichtig sein. Paderborn und Karlsruhe sind sehr verschieden. Viel näher an den hiesigen Gegebenheiten liegt Düren mit seiner Kreisbahn. Hier wird auf Bahnstrecken, die denen im Paderborner Raum sehr ähneln, mit modernen Dieseltriebwagen gefahren. Aus diesen beiden Vorbildern sollte ein eigenes Paderborner Modell entwickelt werden. Dieseltriebwagen, die auch als Stadtbahnwagen nutzbar sind, müssten für die heimischen Bahnstrecken entwickelt werden. Durch einen mit Diesel angetriebenen Elektrogenerator wird der Zug mit Strom versorgt. Ein solcher Zug könnte in der Stadt mit Stromabnehmer und Oberleitung fahren.
Im Überlandverkehr hätte so ein Zug den Vorteil, dass man auch ohne Oberleitung mit dem Dieselantrieb umsteigefrei viele Ziele der Region ansteuern kann. Ein solches Fahrzeug würde im Gegensatz zu den Dieselbussen die Fußgänger am Kamp nicht mehr mit den Dieselabgasen belästigen. In Würzburg hat niemand etwas gegen die Straßenbahn in der Fußgängerzone. Auf eine direkte Anbindung des Flughafens sollte verzichtet werden. Der Flughafen könnte mit einem Pendel- Midi- Bus an die Haltestelle Ahden angebunden werden. Zwischen Paderborn und Büren muss die Almetalbahn grundlegend durchgearbeitet werden. So wird z.B. der alte Bahnhof Borchen nicht wieder als haltestelle in Betrieb gehen (wobei die alten Bahnhofsflächen als Ladestelle für den Güterverkehr interessant sein können). Stattdessen muss es die Haltestellen Gallihöhe und Nordborchen geben. Neue Siedlungen müssen vor allem in der Nähe der Bahn angelegt werden. Der Busverkehr muss auf die Bahnstrecke abgestimmt werden. Wenn ein Verkehr mit Linienbussen nicht genug Fahrgäste erreicht, müssen Anruf-Sammel- Taxen die Bahn mit dem Umland verbinden. Die Bahn muss Rückfallweichen und einen Funkleitbetrieb erhalten. Die Dürener Kreisbahn hat dies ebenfalls gemacht. So werden die Stellwerke überflüssig. Zwischen Jülich und Düren befördert die Kreisbahn statt 300 nun 1000 Fahrgäste täglich. Fahrkarten gibt es im Automaten im Zug.

Die alte Paderborner Straßenbahn wäre wegen ihrer Eingleisigkeit und der schmalen Spurweite für so ein Konzept untauglich. Eine neue Straßenbahn ist jedoch, wie hier zuvor aufgezeigt, mit weniger Aufwand errichtbar, als es die Verkehrsconsult Karlsruhe (VCK) in ihrer 100.000 DM teuren Studie dargestellt hat. Politiker und Stadtplaner können mit dem Wochenendeticket die Rurtalbahn in Düren besuchen.

In Bielefeld wurde der Stadtbahntunnel so gebaut, dass dort auch Dreischienengleise verlegt werden können und normalspurige Züge den Tunnel durchfahren können. Wenn die neue Unilinie, die Bielefeld plant, in Normalspur gebaut würde könnte die Straßenbahn von der Uni Bielefeld über die Sennebahn bis zur Uni Paderborn durchfahren. Das würde einen gegenseitigen Professorentausch oder einen Besuch der Unibibliotheken und – Veranstaltungen erleichtern. Einer Anerkennung der Veranstaltungen, wie zwischen den Unis in Köln und Bonn stände nichts im Wege. Beide Unis könnten an Attraktivität gewinnen. Eine Führung der elektrisch betriebenen Sennbahnzüge (im Tunnel wäre aus Sicherheitsgründen die Dieselvariante nicht sinnvoll), würde auch den Bielefelder Hauptbahnhof entlasten.

Die Stadt Paderborn sollte schnellstens mit Bielefeld Kontakt aufnehmen, damit als Anfang eines neuen Eisenbahnzeitalters bald die Verbindung Paderborn Hbf – Bielefeld Universität verwirklicht werden kann. Hierfür halte ich eine Neubaustrecke über „Nixdorf“ entlang dem Unteren Frankfurter Weg nach Schloss Neuhaus für notwendig, da die eingleisige Sennebahn zwischen Paderborn Hauptbahnhof und Paderborn Nord stark von Güterzügen genutzt wird, die Verspätungen verursachen könnten. Diese Linie ließe sich dann hinter dem Hauptbahnhof am Liboriberg oder Kasseler Tor aus der Sennebahn ausfädeln und über die Warburger Straße bis zum Ende des Peter Hille Weges verlängern.
Es wundert mich, dass die Studie der VCK zum Thema Straßenbahn die Chancen so einer neuen Uni- Linie nicht deutlicher herausstellt. Wenn die Politiker 1988 den Nahverkehrstag in Bielefeld besucht hätten, hätten diese viele Informationen viel preiswerter bekommen können, als durch diese Studie. Häufig lassen sich die Steuergelder, die für solche Studien ausgegeben werden auch durch den gesunden Menschenverstand und im Verkehrsbereich durch die Beachtung der Verkehrsinitiativen einsparen.

Abs. Felix Staratschek, damals wohnhaft im Riemekeviertel in Paderborn

Auf weitere Äußerungen, die in der Diskussion gefallen waren, ging ich kurze Zeit später ein, am 21.11.1995:

Über die Aussichten einer Regional- und Stadtbahn im Paderborner Land äußert sich dieser Leser:
Es ist haarsträubend, was ich über die Bahn hier als Reaktion auf die Stadtbahndiskussion zu lesen bekomme: Verschiedene Spurweiten und Stromsysteme würden die Bahn behindern. Tatsächlich fährt der Talgo von Paris bis Madrid. Der TGV kann mehrere Stromsysteme vertragen, was dieser schon in der Schweiz beweist.

Und dann wird hier gefordert, dass die Almetalbahn von Paderborn nach Büren in einen Radweg umgewandelt wird. Unsere Politiker müssen nur mal die Augen weit öffnen und die erfolgreichen Regionalbahnen suchen. da gibt es nicht nur direkt vor der Haustüre die Sennebahn, die pro Zug im Stadtgebiet Paderborn schon über 40 Fahrgäste befördert. Die Dürener Kreisbahn fährt zwischen Heimbach und Düren ähnlich erfolgreich, obwohl das Fahrgastpotential viel niedriger ist. 4.500 Einwohnern von Heimbach, 6.500 von Nideggen und 90.000 von Düren standen 1989 gut 20.000 Bürenern, 15.000 Brilonern, 9.000 Borchenern und 120.000 Paderbornern gegenüber. Auch die Salzburger Lokalbahn befördert in einem Einflussbereich von ca. 25.000 Einwohnern außerhalb Salzburgs täglich 6.000 Fahrgäste in die Stadt. (Das wurde 1988 beim Nahverkehrstag in Bielefeld ausführlich vorgestellt!)

Und da will Paderborn auf die Chance, einen modernen Schienenverkehr einzuführen, verzichten? Und wie würde das Verkehrsaufkommen erst aussehen, wen die Sennebahn statt 60 Minuten nur 40 Minuten für die Strecke von Paderborn nach Bielefeld benötigt? Ein Bus braucht 94 Minuten. Und nach Büren könnte die Fahrzeit von 50 auf 25 Minuten halbiert werden, wenn statt der Busse eine moderne Bahnverbindung vorhanden wäre.

Die Salzburger Lokalbahn hat z.B. einen Ort per Kleinbusschutle an den entfernten Bahnhof angeschlossen, was so erfolgreich war, das heute ein Gelenkbus fährt. Rufbusse, die man bei Abfahrt in Paderborn im Zug bestellen kann, können kleinere Orte erschließen.

Und wie ist dies finanzierbar?

Für den Preis von nur 27 km Autobahn können über 300 Triebwagen der Baureihe 627 gekauft werden. Das wäre weit emhr, als die kreise Paderborn und Höxter zur Abwicklung eines guten öffentlichen Verkehrs benötigen. Ferner gibt es zahlreiche teure Projekte, die ein zweifelhaftes Kosten- Nutzenverhältnis haben, wie die Autobahnen und die Hochgeschwindigkeitsstrecke durch den Thüringer Wald, den Transstupid (Transrapid- Magnetbahn) von Hamburg nach Berlin oder die Sauerlandautobahn.

Kurzfristig muss der bestand des Güterverkehrs von Paderborn nach Büren gesichert werden, damit einem künftigen Betreiber die Einnahmen aus dem Güterverkehr erhalten bleiben. Der Güterverkehr nach Büren ist nämlich wirtschaftlich, wenn die Schienen für den Personenverkehr sowieso vorhanden sind. Die DB- AG würde durch die Zustellung der Güterwagen durch eine neue Regionalbahn auf die Dauer sehr profitieren. Nun muss aber die CDU schnellstens bei der Bahn das Interesse an dieser Bahnstrecke bekunden und die Bahn auffordern, den Güterverkehr weiter zu führen, bis es zu einem Vertrag kommt. Notfalls könnte Büren auch von Brilon aus per Güterzug an die Bahn angeschlossen werden. Das dürfte dem Getreidehändler gleich sein.

Absolut nicht verstehen kann ich das Verhalten der Paderborner Einzelhändler. Diese müssten doch ein großes Interesse an einer Schienenstrecke haben, die Kunden aus dem Sauerland in das Oberzentrum und die Großstadt Paderborn bringt. Mehr Autokunden sorgen für mehr Verkehrschaos, mehr Bahnkunden lediglich für mehr Einkäufer. Und wer im Auto sitzt, kann ab Haaren auch über die A 33 bis Bielefeld durchfahren. Die Bahn könnte am Rosentor, direkt an der Paderborner Innenstadt halten. Nindestens an dem Bielefelder Gleis der Sennebahn könnte sofort ein Außenbahnsteig entstehen. Die recht kurze Entfernung zu anderen Haltepunkten ist normaler Weise nicht sinnvoll, aber hier, direkt neben der Innenstadt, haben so viele Menschen ein Fahrtziel, dass durch eine neuenHaltstelle die Bahn viele neue Kunden gewinnen könnte. Es wäre wünschenswert, wenn der Einzelhandel einmal über seinen Parkplatzrand hinausschauen würde, um die Potentiale zu erkennen, die ein guter öffentlicher Verkehr bietet.

Abs. Felix Staratschek, damals in der Riemeckestraße in Paderborn zu Hause